Wie viele Begriffe „Pferd“ oder damit zusammenhängend kommen dir in den Sinn?
Vielleicht „Sich die Sporen abverdienen“ oder „Wie ein Pferd schuften“ oder….
Ich sitze fest im Sattel, und das Ross lacht
(Von Manfred Papst, NZZ am Sonntag vom 12.04.2015, Seite 73)
Nein, ich habe gar nichts gegen Pferde und Esel. Ich darf ihnen nur nicht zu nahe kommen. Seit Kindertagen bin ich allergisch auf sie. Erstmals entdeckt wurde das, als ich fünf Jahre alt war und meine Mutter, die mir etwas Gutes tun wollte, mich im italienischen Badeort Riccione zu etlichen anderen Kindern auf einen bunten Karren setzte, der von zwei Eseln durchs Städtchen gezogen wurde. Nach einer für meine Begriffe endlosen Reise kam ich halb tot zurück: Die Nase lief, die Augen tränten, ich rang nach Luft.
Seit diesem Tag betrachte ich Huftiere nur noch aus sicherer Distanz. Setze mich in keine Kutsche, gehe an kein Pferderennen (obwohl mich das Wetten reizen würde), meide den Zirkus. Gleichwohl sind Pferde, Esel und Reiterei in meinem Leben nach wie vor omnipräsent, und zwar über die Sprache. Haben Sie sich schon einmal überlegt, wie viele Wörter in unserer Alltagssprache diesem Bereich entstammen? Bleiben wir für heute bei den Pferden. Die Esel haben eine eigene Kolumne verdient.
Mit Freunden können wir Pferde stehlen. Wenn wir eine Sache falsch anfangen, zäumen wir das Pferd am Schwanz auf. Wo übertriebene Bürokratie herrscht, da hören wir den Amtsschimmel wiehern. Wenn wir unnötige Aufregung verursachen, machen wir die Pferde scheu. Eine Sache, die einen unsichtbaren Nachteil in sich birgt, hat einen Pferdefuss. Wenn wir im Betrieb beliebt sind, sitzen wir fest im Sattel. Vielleicht bezeichnet uns der Chef sogar als bestes Pferd im Stall. Wenn uns die Arbeit gleichwohl nicht mehr gefällt, können wir umsatteln oder sogar im Galopp die Pferde wechseln. Von trägen Mitarbeitern erwarten wir, dass sie sich endlich in Trab setzen. Sonst müssen wir ihnen die Sporen geben. Wenn wir Karriere machen, wechseln wir in den Galopp. Karrieristen werden übrigens leicht zu Steigbügelhaltern des Grosskapitals.
Bisweilen nimmt uns niemand mehr ernst. Warum? Weil wir die Zügel schleifen lassen. Wenn wir uns nicht beherrschen, gehen die Pferde mit uns durch. Wir sollten indes lernen, uns im Zaum zu halten. Unseren Appetit, vor allem aber unser Temperament zügeln. Denn wenn wir wütend sind, schnauben wir und tragen Scheuklappen.
Früher haben wir gesagt, keine zehn Pferde würden uns auf eine Kreuzfahrt bringen. Aber dann hat sie uns doch gefallen. Vielleicht haben wir sie ja in einem Preisausschreiben gewonnen – und dem geschenkten Gaul nicht ins Maul geschaut.
Wir reiten Attacken gegen unsere Feinde und landen prompt in der Patsche. Weil uns der Teufel geritten hat. Jetzt wissen wir nicht mehr weiter. Da muss ja ein Ross lachen!
(Ende Artikel)
Hier gibts noch ein paar andere Redewendungen:
„Da bringen mich keine zehn Pferde zu.“
„Eine wahre Pferdenatur haben.“
„Einem geschenkten Gaul, schaut man nicht ins Maul.“
„Sich in irgendwas vergaloppieren.“
„Die Pferde scheu machen.“
„Das Pferd beim (oder auch am) Schwanz aufzäumen.“
„Auf dem hohen Ross sitzen.“
„Vom hohen Ross herunterkommen.“
„Nicht den Karren vor das Pferd spannen.“
„Immer sachte mit den jungen Pferden.“
„Arbeiten wie ein Pferd.“
„Das hält ja kein Pferd aus!“
„Müde wie ein Karrengaul (tlw. auch Ackergaul).“
„Vom Hafer gestochen werden.“
„Jemanden an die Kandare nehmen.“
„Rosskur“
„Rossnatur“
„Ein Pferdegebiss haben.“
„Die Stalltür schließen, nachdem sich das Pferd davongemacht hat.“
„Ich glaub, mich tritt ein Pferd!“
„Er/Sie ist das beste Pferd im Stall.“
„Ein gutes Pferd springt nicht höher als es muss.“
„Vom Pferd auf den Esel kommen.“
„Jemandem zureden wie einem lahmen Gaul.“
„Sich gegen etwas aufbäumen.“
„Auf Schusters Rappen.“